Leute, willkommen in der Sommeredition meines Gute-Laune-Newsletters! Wir legen ohne große Umschweife los, und zwar hiermit:
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Ich finde diese Parodie von Influencer Marco Strecker zum Schießen!
Wer kennt es nicht aus der eigenen Kindheit oder aus der Elternperspektive von heute: die endlos langen Autofahrten in den Urlaub oder zurück, die sich in jedem Jahr wieder ziehen wie der längste Kaugummi der Welt (besondere Grüße gehen raus an alle, die gerade im Stau stehen): Die zeternden Kinder auf der Rückbank („Mama, wann sind wir da-haaa?!??!“), ein gestresstes Elternteil am Steuer, das andere auf dem Beifahrersitz: Da klingeln bei mir alle Kindheitserinnerungsglocken, bei euch auch?
Weiter geht es mit einer Dame namens Gladys McGarey. Sie lebt in Scottsdale, Arizona, ist Ärztin, hat sechs Kinder – und ist 102 Jahre alt.
102 Jahre! Könnt ihr euch vorstellen, was es bedeutet, so alt zu sein? Ich jedenfalls nicht. Wie viel ein einziger Mensch gesehen, erlebt und gelernt haben muss in solch einem langen Leben! Weil ich all das wissen wollte, habe ich ein Interview mit Gladys McGarey geführt. Mir saß eine leuchtende, positive und wache Frau im Onlinechat gegenüber, die mich am liebsten durch die Kamera umarmt hätte. Wieso sie die wichtigste Erkenntnis ihres Lebens mit 93 Jahren hatte und weshalb es nie zu spät für Neuanfänge ist, könnt ihr in besagtem Interview nachlesen.
Wer lieber gucken will, statt zu lesen, sollte sich die Serie „Dead Ringers“ anschauen. So neu ist sie zwar nicht mehr, ich bin aber erst vor ein paar Wochen auf sie gestoßen. Ich war sofort entzückt vom Thema der Serie: Im weitesten Sinne geht es um das Gebären in all seiner Schönheit und all seinem Schrecken. Im engeren Sinne geht es um die Dynamik eines erwachsenen Zwillingspärchens, die beide als erfolgreiche Gynäkologinnen arbeiten. Die eine will, dass Gebären für Frauen humaner und einfacher wird – die andere will über rechtliche Grenzen hinweg erforschen, wohin reproduktionstechnische Methoden führen können, zum Beispiel, ob sich auch ein Baby im Labor züchten ließe.
Besonders begeistert hat mich aber die schauspielerische Leistung der großartigen Rachel Weisz. Sie spielt nämlich beide Frauen.
„Dead Ringers“ ist düster, dramatisch, utopisch – oder doch eher dystopisch? Ein bisschen Psychohorror bietet die Serie auf jeden Fall. Und wahnsinnig gute Unterhaltung! Auch, weil Frauen hier gezeigt werden, wie sie noch immer viel zu selten sein dürfen: als harte Hündin, fluchend und geldgeil, als machtversessen, narzisstisch und moralisch vollkommen verdorben. All diese Eigenschaften gelten gemeinhin als männlich, aber natürlich, Überraschung, können auch Frauen so sein.
Wir bleiben bei der Schauspielerei, bewegen uns aber eindeutiger Richtung Popkultur – und landen damit bei Sarah Jessica Parker. Den Jüngeren unter euch wird der Name womöglich gar nichts sagen (ist das möglich?), dabei ist Sarah Jessica Parker in der prägendsten Rolle ihrer Karriere zur Mode-Ikone geworden: Als Carrie Bradshaw in der Fernsehserie „Sex and the City“ hat sie die schrägsten, kreativsten und schönsten Outfits getragen (die, dem Comeback der Neunziger sei Dank, alle wieder en vogue sind).
Selbst ich als eingefleischtes „Sex and the City“-Fangirl muss allerdings zugeben: Die jüngste Staffel „And just like that“ aus dem Dezember 2021 war ein Desaster: alles überzeichnet, alles überdreht. Über die zwei Filme zur Serie aus den Jahren davor müssen wir auch nicht sprechen, zeichnete sich in ihnen der Niedergang doch schon ab. Aber die ersten sechs Staffeln vom Ende der 1990er/Anfang der 2000er waren groß! Für mich als Mädchen vom Dorf, die mit 17, 18 Jahren das erste Mal „Sex and the City“ schaute, war das fiktive Leben von Carrie und Co. ein Augenöffner. Denn ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst, dass eine Frau ihr Leben neben Haushalt und Familie auch Schuhen (Carrie), Sex (Samantha) oder einer Karriere (Miranda) widmen kann.
Nun hat Sarah Jessica Parker das 25-jährige Jubiläum der Serie gefeiert, mit einem Foto der legendären Halskette, die ihr Alter Ego Carrie in „Sex and the City“ trägt. Und ich will die Gelegenheit einmal nutzen, um zu feiern, wie großartig ich die ersten sechs Staffeln immer noch finde: wahnsinnig witzig, smart und für damalige Verhältnisse progressiv. Ich habe alle sechs Staffeln über die Jahre mehr als einmal gesehen, manche Dialoge kann ich auswendig. Und wenn es mir wirklich richtig, richtig schlecht geht, ist diese Serie immer noch meine Feelgood-Zone
25 Jahre später macht gerade ein anderes Stück feministische Popkultur Furore, in dem vier Freundinnnen nicht mehr versuchen, Mr. Right zu finden, so wie es in „Sex and the City“ noch war. 25 Jahre später braucht die Protagonistin gar keinen Mr. Right mehr. Sie braucht noch nicht mal Ken. Womit wir schon beim Thema wären: dem Barbie-Film von Grate Gerwig. Das ganze Internet scheint pink zu leuchten, ist voll mit Kommentaren, Rezensionen und Analysen zum Film, der vergangene Woche in Deutschland anlief. Mir geht es an dieser Stelle aber gar nicht um den Film, der die wohl größte und smarteste Markerting-Kampagne hinter sich her zieht, die ein Film je gesehen hat. Ich freue mich stattdessen über Bettina Dorfmann aus Düsseldorf.
Sie besitzt 18.500 (!) Barbie-Puppen, steht damit im Guinness-Buch der Rekorde und hat ihre Sammelleidenschaft längst zum Beruf gemacht. Dorfmann ist Barbie-Sachverständige für das Spielzeugmuseum in Ratingen, organisiert Ausstellungen und betreibt sogar eine Barbie-Klinik in Düsseldorf.
Ich habe ein Herz für solches Nerdtum, hatte ich schon immer. Aber mir gefällt auch, wie Dorfmann die Figur der Barbie sieht: „Ich werde oft gefragt, ob die Barbie nicht für ein toxisches Schönheitsideal stehe. Das sehe ich nicht so“, sagt Dorfmann in einem Artikel in der Zeit, „Schönheitsideale sind nur toxisch, wenn sie Frauen zum Objekt machen. Das hat die Barbie eigentlich nie getan. Sie hatte immer ihre eigene Wohnung, das Barbie-Haus, und sie hat von Anfang an gearbeitet. Sie war unter anderem Modedesignerin, Feuerwehrfrau, Pilotin, ja, sie war sogar im All. Ken ist in der Barbie-Welt vor allem eines: ein hübsches Accessoire.“
Wem es trotz sommerlicher Gehirnträgheit nach etwas Hochkultur dürstet, für die oder den hätte ich auch noch was: diesen Text von Anna Felnhofer.
Kennt ihr nicht, die Dame? Ich kannte sie auch nicht bis zum diesjährigen 47. Lesewettbewerb in Klagenfurt. Dort tragen die geladenen Autor:innen eigene Texte vor, um den renommierten Ingeborg-Bachmann-Preis zu gewinnen. Den hat Felnhofer, die aus Österreich stammt und eigentlich Doktor der Klinischen Psychologie ist, zwar nicht gewonnen, ihren vorgelesenen Text „Fische Fangen“ sollte trotzdem jeder Literaturfan kennen, denke ich. So sehr hat Felnhofers Sprache mich umgehauen, und zwar ab Satz eins:
„Man muss ihn, das weiß er, prügeln, muss ihn so weit in den Schmerz hineinprügeln, so fest auf ihn eindreschen, so lange alles Weiche, Warme aus ihm herausdreschen, bis man an das herankommt, was seine Mitte stellt; ein siebzehn Jahre lang gehämmerter Klumpen ist sie, eine kalte Lanze jetzt.“
Zugegeben, Felnhofers Text über einen 17-Jährigen, der in der Schule geschlagen wird und eine alkoholkranke Mutter zuhause hat, ist kein Gute-Laune-Stoff. Trotzdem lohnt es sich sehr, Felnhofers Kurzgeschichte zu lesen, lässt sie einen doch staunend und atemlos ob der großartigen Sprache und Felnhofers präziser Beobachtungen zurück. Auch dafür hat sie den Deutschlandfunk-Preis gewonnen.
Und das wars auch schon wieder mit meiner kleinen Herzblatt-Show für diesen Monat. Aber auch im kommenden werde ich wieder schwärmen, wird es wieder heißen: „You call it madness – but I call it love.“ Und weil Liebe und gute Laune ja bekanntlich noch größer werden, wenn man sie teilt: Ich würde mich sehr freuen, wenn du meinen Newsletter abonnierst. Hier gehts lang. Vielen Dank!
Redaktion: Rebecca Kelber, Bildredaktion: Esther Göbel, Schlussredaktion: Susan Mücke, Audioversion: Christian Melchert