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Heute geht es um den Haftbefehl gegen Wladimir Putin. Außerdem beantworte ich die Frage, wie viele Treibhausgase eigentlich durch den Russland-Ukraine-Krieg ausgestoßen werden. Und wie immer gebe ich dir eine kleine Portion Hoffnung mit.
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Was ist gerade wichtig?
Maria Alexejewna Lwowa-Belowa, Kinderrechtsbeauftragte Russlands, und Wladimir Putin, Präsident Russlands, sollen für die Verschleppung von Tausenden Kindern verantwortlich sein. Deshalb hat der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen beide erlassen.
Wann kommt Putin ins Gefängnis und wofür genau?
Es war eine Szene, die bei vielen Ukrainer:innen Entsetzen auslöste: Am 23. Februar organisierte der Kreml eine Propagandashow in Moskau. Die Menschen schwenkten Russland-Flaggen, ein Soldat rappte und sogar Wladimir Putin richtete ein paar Worte an die Menge. So weit so normal für russische Propagandaveranstaltungen. Dann trat die 15-jährige Anna auf die Bühne und sagte, an einen Soldaten gerichtet: „Danke an Onkel Jura, dass er mich, meine Schwester und Hunderttausende andere Kinder aus Mariupol gerettet hat.“ Danach umarmten sie und andere Kinder „Onkel Jura“.
Die Szene wirkte so absurd, weil Russland dafür verantwortlich ist, dass Kinder Mariupol verlassen mussten. Die russische Armee hatte Mariupol so lange bombardiert, bis nur noch Trümmer übrig waren. Dass ukrainische Kinder nach Russland gebracht wurden, nennen viele Beobachter:innen nicht Rettung, sondern Verschleppung. Die Ukraine prangert das seit Monaten an und hat eine Webseite eingerichtet, mit dem Titel „Children of War“. Dort stehen Informationen über Kinder, nach denen gesucht wird. Viele der Kinder haben Angehörige in der Ukraine.
Putin und Lwowa-Belowa kommen vermutlich nicht sofort ins Gefängnis. Dafür müssten sie ausgeliefert werden und das wird Russland wohl kaum tun. Von selbst wird Putin auch nicht nach Den Haag marschieren und sich dort einem Gerichtsprozess stellen.
Der Haftbefehl gilt allerdings ein Leben lang. Und sobald Putin oder Lwowa-Belowa in ein Land reisen, das das Statut des Internationalen Strafgerichtshofes ratifiziert hat, könnten sie ausgeliefert werden. Beispielsweise will Putin im August für ein Wirtschaftstreffen nach Südafrika reisen. Das könnte ganz schön riskant für ihn werden, weil niemand weiß, wie Südafrika reagieren würde: Putin ausliefern oder sich gegen den Internationalen Strafgerichtshof stellen.
Die russische, regimekritische Zeitung Meduza hat mit Quellen im Kreml gesprochen, laut denen Putins Verwaltung den Haftbefehl nicht erwartet habe. Den Quellen zufolge sei dem Kreml nicht klar, wie man die „Sicherheit des Präsidenten gewährleisten“ könne. Auslandsreisen seien wichtig für die russische Propaganda, um zu zeigen, dass Russland nach wie vor viele befreundete Länder habe, sagen die Quellen. Nach dem Haftbefehl könnten Auslandsreisen für Putin eine Gefahr sein.
Die Frage der Woche
KR-Leser Rolf fragt: „Wie viele Treibhausgase werden durch den Krieg emittiert?“
Krieg ist für die betroffenen Menschen eine Katastrophe. Für diejenigen, die an der Front oder bei Luftangriffen sterben, ihr Haus verlieren oder fliehen müssen. Krieg ist aber auch schlecht fürs Klima. Wie der Russland-Ukraine-Krieg auch der Umwelt schadet, habe ich in dieser Ausgabe meines Newsletters beschrieben. Darin ging es um giftige Stoffe, die in die Umwelt gelangen. Beispielsweise kontaminierten in der Ostukraine giftige Schwermetalle die gesamte Region. Heute geht es nicht um solche Umweltschäden, sondern um die Treibhausgase, die durch den Krieg ausgestoßen werden.
Die „Initiative on GHG accounting of war“ hat in einer Studie berechnet, dass in den ersten sieben Kriegsmonaten 100 Millionen Tonnen CO2 durch den Krieg ausgestoßen wurden. Das entspricht dem Ausstoß von Treibhausgasen der Niederlande im selben Zeitraum.
Knapp die Hälfte davon entfällt laut der Studie auf den Wiederaufbau von ziviler Infrastruktur. Zement gilt als besonders klimaschädlich, weil bei der Herstellung viel CO2 freigesetzt wird. Die Studienautor:innen haben auch die Fluchtbewegung der Millionen Flüchtenden einberechnet, sowie die Gaslecks an den Nord-Stream-Pipelines. Ganz direkt ist der Krieg für knapp zehn Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich: Panzer, Kriegsschiffe und Kampfjets stoßen Treibhausgase aus, auch der Beschuss mit Artillerie oder Marschflugkörpern setzt Treibhausgase frei.
Gleichzeitig hat der Krieg Auswirkungen darauf, woher der Rest Europas Energie bezieht. Die EU importiert kein russisches Gas mehr und braucht deshalb andere Energiequellen. Zwar könnten erneuerbare Energien dadurch Auftrieb bekommen. Kurzfristig steigt die EU aber auf klimaschädliche Alternativen um, beispielsweise Flüssiggas aus den USA, das aus extrem umweltschädlichem Fracking gewonnen wird.
Der russische Angriff hat auch dazu geführt, dass andere Länder wieder mehr aufrüsten. Vor einem Jahr hat Bundeskanzler Olaf Scholz ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr verkündet. Was das für die CO2-Bilanz der Bundeswehr bedeutet, ist unklar: Die meisten Länder halten aus Sicherheitsgründen geheim, wie hoch die Treibhausemissionen ihres Militärs sind.
Eine Studie aus Großbritannien schätzt, dass das Militär weltweit für mindestens 5,5 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich ist. Wenn andere Länder weiter aufrüsten, wird auch dieser Wert ansteigen.
Der Link der Woche
Kyjiw ist für sein Nachtleben bekannt. Noch immer gehen Menschen in Bars und Clubs – trotz Luftalarm und Sperrstunde. Doch das Nachtleben ist nicht mehr das gleiche: Es läuft kaum noch russische Musik und viele singen und feiern zwar, fühlen sich aber unwohl dabei. In dieser Reportage in der Wiener Zeitung über das Kyjiwer Nachtleben kannst du noch weitere Eindrücke nachlesen.
Die Hoffnung der Woche
Letzte Woche habe ich in Köln einen Regenbogen gesehen. Auch der ukrainische Ökonom und Politiker Tymofiy Mylovanov hat einen Regenbogen beobachtet, ein Symbol für Hoffnung.
Redaktion: Thembi Wolf, Schlussredaktion: Susan Mücke, Bildredaktion: Philipp Sipos, Audioversion: Iris Hochberger