Neulich sprach ich mit meinem Partner über den Tod. Wir saßen nach dem Abendessen noch am Küchentisch und kamen vom Älterwerden auf das Sterben. Das kommt immer wieder vor. Meine Eltern sind vor fast zehn Jahren schon an Krebs gestorben. Trotz längerer Krankheit hatten wir nie wirklich über ihre Beerdigungen oder den Nachlass gesprochen. Danach hatte ich mir vorgenommen, meinen Tod akribisch vorzubereiten, niemand sollte sich länger als nötig mit Bürokratie herumschlagen müssen.
Doch heute habe ich noch immer die gleichen offenen Fragen: Brauchen wir ein Testament? Wir sind doch erst Mitte 30! Und was für Musik soll auf meiner Beerdigung gespielt werden? Es fällt mir schwer, diese Unterhaltung zu Ende zu bringen. Irgendwann komme ich mir immer albern vor.
Ich bin nicht verheiratet und habe keine Kinder. Sollte ich sterben, sind nach der gesetzlichen Erbfolge und dem Erbrecht meine beiden Brüder für die Beerdigung zuständig. Die Menschen, die mich am besten kennen, mein Partner und meine Freund:innen, spielen keine Rolle. Und beim Erbe gehen sie völlig leer aus.
Das muss nicht so sein. Sterben ist eine Frage der Organisation. Viele Entscheidungen kann ich schon jetzt treffen: bei bester Gesundheit. Ich habe mir angeschaut, was zum gut geplanten Tod dazugehört – in jedem Lebensalter.
Das kannst du als junger Mensch tun
Vielleicht denkst du: Was geht mich mit Mitte 20 schon das Sterben an? Hoffentlich nicht viel. Trotzdem kann es sinnvoll sein, dich jetzt schon damit zu beschäftigen. Wir fangen ganz entspannt an:
Schaue Serien, höre Podcasts oder lies Bücher über das Sterben
Damit meine ich noch keine Ratgeber zur Sterbevorsorge, Patientenverfügung oder die Beerdigungsrichtlinien deines Bundeslandes. Ich meine Inhalte, die sich auf unterhaltsame Weise mit dem Tod auseinandersetzen.
Für mich war vor einigen Jahren „Six Feet Under“ ein guter Einstieg. In der Serie des amerikanischen Fernsehsenders HBO geht es um eine Familie, die ein Beerdigungsinstitut betreibt und nach dem Tod des Vaters den Betrieb weiterführen muss. Die Serie ist ein bisschen in die Jahre gekommen, aber immer noch sehenswert. Oder das Buch „Vom Ende der Einsamkeit“ von Benedict Wells. Da geht es um Geschwister, die früh ihre Eltern verlieren. Es gibt auch Podcasts zu dem Thema, zum Beispiel „The End“ von Eric Wrede für Radio Eins. Er spricht mit seinen Gästen über Leben und Tod, aber ganz entspannt, wie unter Freund:innen. Eric ist Autor und Bestatter in Berlin. Mit ihm habe ich auch für diesen Artikel gesprochen.
Organisiere deinen Organspendeausweis
Die Entscheidung, ob du Organe spenden möchtest, wird jemand treffen müssen. Entweder du machst das selbst im Organspendeausweis oder der Patientenverfügung. Oder deine Angehörigen entscheiden nach deinem Tod für dich.
In Deutschland gibt es zu wenig Organspender:innen. Fast 9.000 Menschen warten auf eine Organspende. Gerade junge Menschen sind gut geeignet. Die Youtuberin MaiLab erklärt die rechtlichen Bedingungen in diesem Video. Sie plädiert dafür, eine Entscheidung zu treffen, auch wenn man sich gegen eine Spende entscheidet.
Ermögliche anderen Zugang zu deinen Daten
Wenn wir sterben, gehen alle Verträge und unser Eigentum auf unsere Erben über. Das betrifft auch Abos, Mitgliedschaften und Profile bei Streaminganbietern oder auf Social-Media-Plattformen.
Ein wichtiger Teil deines Lebens steckt vermutlich in deinem Smartphone. Auch nach dem Tod, wenn jemand den Handycode weiß. Den Entsperrcode kannst du handschriftlich notieren und an eine Person deines Vertrauens geben, die nach dem Tod an dein Telefon darf. Fülle dafür eine Vollmacht aus und lege sie zu deinen wichtigen Unterlagen.
In den Betriebssystemen von iPhone und Android können auch Nachlasskontakte angelegt werden, die dann Zugriff auf einen Teil deiner Daten erhalten. Das geht beim iPhone in den Apple-ID-Einstellungen, muss von den Kontakten aber bestätigt werden. Sie müssen nach deinem Tod den Zugriff auf deine Daten anfragen.
Bei Android ist das über den Kontoinaktivitätsmanager im Google-Konto möglich. Google meldet sich nach Inaktivität deines Kontos bei deinen Kontakten. Mit deiner Sterbeurkunde und einer Legitimation, handeln zu dürfen, kann der Zugriff auch früher angefragt werden. Einige Social-Media-Plattformen bieten ebenfalls an, einen Nachlasskontakt einzutragen.
Schau dir Versicherungen an
Für einige Versicherungen, die auf das eigene Leben abgeschlossen werden, Lebensversicherungen, aber auch andere, muss ein Gesundheitscheck durchgeführt werden. Die Versicherung schätzt anhand deiner Gesundheitsdaten damit ein, wann ein Versicherungsfall eintreten könnte.
Oft reicht es, einen Fragebogen auszufüllen. Ab einer gewissen Versicherungssumme sind aber Ärzt:innen für die Beurteilung zuständig. Am Ergebnis dieser Prüfung kann sich eine Versicherungsprämie oder ein Versicherungsbeitrag bemessen. Man kann grob sagen: Je jünger und gesünder du bist, desto günstiger ist er. Oft sind auch die monatlichen Beiträge geringer, wenn die Laufzeit länger ist.
Es lohnt sich also, jung anzufangen. Wichtig ist, die Daten dann korrekt anzugeben und aktuell zu halten. Wenn du deinen Job wechselst oder mit dem Rauchen anfängst, solltest du das der Versicherung mitteilen. Sonst zahlst du weiter – und am Ende wird kein Geld ausbezahlt.
Das kannst du vorbereiten, wenn du in der Lebensmitte stehst
Je älter wir werden, desto mehr Verbindungen und Verbindlichkeiten gehen wir mit anderen Menschen ein. Zum Beispiel, wenn wir in einer Partnerschaft leben, Kinder kriegen, ein Haustier haben oder eine Immobilie kaufen. Wenn andere von dir und deinem Einkommen abhängig sind, solltest du unbedingt klären, was passieren soll, wenn du stirbst.
Sprich über deine Wünsche
Möchtest du in deinem Heimatdorf beerdigt werden oder unter diesem einen Dattelbaum auf Ibiza? Sollen alle schwarz tragen und zu „Time to Say Goodbye“ weinen oder sind Jogginghosen auf deiner Beerdigung voll okay?
Wenn dir Einzelheiten deiner Beisetzung sehr wichtig sind, sollte das jemand wissen. Kurze Hinweise oder Gespräche helfen schon, du musst keine ausformulierten Vorgaben hinterlassen. Vielleicht ergibt sich ein Gespräch ja an einem entspannten Abend mit Freund:innen oder beim Abendessen mit den Eltern. Alle Wünsche sind legitim. Und wenn du keine konkreten Vorstellungen hast, sollte das auch jemand wissen, sonst zerbrechen sich alle den Kopf.
Erstelle eine Übersicht: Was gehört dir eigentlich alles
Für alles, was dir gehört, musst du dir überlegen, was damit passieren soll, wenn du stirbst. Bei vielen Dingen ist das sicher schon geregelt, aber weiß jemand von der Depot-App auf deinem Handy, wo du immer mal wieder Geld anlegst? Erstelle eine Übersicht und lege sie an einem zugänglichen, aber sicheren Ort ab. Das geht zuhause oder auch in einem Schließfach. Es gibt auch die Möglichkeit, online Unterlagen zu sammeln. Beides erleichtert deinen Hinterbliebenen die Arbeit enorm.
Bestimme eine Person, die sich kümmern soll
Bist du Single und magst alle deine Freund:innen genau gleich gern? Wenn es sich nicht aus deinen Umständen ergibt, solltest du eine Person festlegen, die sich um die Organisation deines Sterbefalls kümmert.
Das solltest du der Person natürlich mitteilen und auch schriftlich festhalten. Dafür könntest du zum Beispiel eine Vorsorgevollmacht ausfüllen. Damit kannst du eine andere volljährige Person ermächtigen, Rechtsgeschäfte in deinem Namen zu erledigen – auch über den Tod hinaus. In den meisten Fällen reicht es aus, die Vollmacht zu unterschreiben und zuhause bei deinen Unterlagen abzulegen. Wenn du auch Angelegenheiten regeln willst, die Immobilien oder Grundstücke involvieren, musst du sie beim Notar zusätzlich beglaubigen lassen. Um schnell auf alle Daten zugreifen zu können, könntest du die Vollmacht außerdem im Vorsorgeregister eintragen lassen. Das ist aber kein Muss.
Du solltest vermeiden, dass sich mehrere Menschen gleichzeitig für dich zuständig fühlen. Das führt ziemlich sicher zu Ärger. Wähle eine Person, die dich gut kennt, sich aber auch durchsetzen kann und mit der Aufgabe nicht überfordert wäre.
Augen zu und durch: Schreibe dein Testament
Erben funktioniert so: Zuerst werden eingetragene Lebens- oder Ehepartner:innen und die eigenen volljährigen Kinder bedacht, dann Eltern oder Geschwister und weitere Angehörige. Die Anteile variieren je nach Anzahl der Menschen und Verwandtschaftsgrad. In manchen Fällen ist diese Erbfolge genug. In vielen Fällen solltest du aber weitere Verfügungen treffen.
Dein:e Partner:in wird ohne weitere Regelung nichts erben, wenn ihr nicht verheiratet seid. Aber auch in einer Ehe oder eingetragenen Lebenspartnerschaft erbt dein:e Partner:in nur maximal die Hälfte deines Vermögens, der Rest würde auf deine Kinder, Eltern oder Geschwister übertragen werden. Es wird also kompliziert. Viele verheiratete Paare nutzen das sogenannte Berliner Testament, um sich gegenseitig als Alleinerb:innen einzusetzen.
Mit einem Testament kannst du auch Menschen als Erben einsetzen, die sonst nicht dafür in Frage kommen würden. Das Testament ersetzt die Erbfolge, gesetzliche Erben können aber Pflichtansprüche geltend machen. Wichtig ist, dass das Testament handschriftlich oder gemeinsam mit einem Notar verfasst wurde. Es muss von dir selbst unterschrieben sein, sollte an einem sicheren Ort hinterlegt werden und alle formalen Vorgaben erfüllen.
Du kannst alle Verfügungen und Bestimmungen eines Testaments wieder ändern und widerrufen. Also lieber öfter mal anpassen, als gar keine Regelung haben.
Schließe eine Versicherung ab, die deinen Tod absichert
Spätestens, wenn ihr eine Immobilie gemeinsam abbezahlt, solltest du darüber nachdenken, was passiert, wenn du deinen Teil nicht mehr selbst tragen kannst. Ohne Absicherung werden schnell große Summe für andere fällig.
Es gibt Versicherungen, die diesen Fall abdecken: die Risiko-Lebensversicherung zum Beispiel. Wenn du stirbst, zahlt sie eine vorher vereinbarte Summe aus. Es empfiehlt sich, sie direkt mit dem Kredit abzuschließen.
Kläre, wer das Sorgerecht bekommt
Wenn du dir das Sorgerecht schon mit einer anderen Person teilst, erhält sie automatisch die volle Vormundschaft. Wenn beide Elternteile gleichzeitig sterben, oder du dich sowieso schon allein kümmerst, muss eine Regelung, beispielsweise eine Sorgerechtsverfügung getroffen werden. Eingesetzte Personen müssen volljährig sein und das Sorgerecht bis zur Volljährigkeit des Kindes ausüben können. Wenn keine Verfügung vorliegt, entscheidet ein Gericht.
Biete anderen deine Hilfe an
Du bist gut vorbereitet und hattest bis hierher schon alles erledigt? Vielleicht könnten dein jüngerer Bruder, deine beste Freundin oder sogar deine Eltern noch Hilfe brauchen. In der Familie haben viele Entscheidungen direkte Auswirkungen auf die anderen. Da empfiehlt es sich, mal nachzufragen.
Das solltest du vorbereiten, wenn du schon etwas älter bist oder krank wirst
Wenn du schon ein paar Sachen geregelt hast, fehlt jetzt gar nicht mehr so viel.
Aktualisiere und sortiere deine Unterlagen und Wünsche
Meist sitzen Familien schon am Tag des Todesfalls beim Bestattungsunternehmen, um die Beerdigung zu planen. Auch die Rentenkasse und deine Versicherungen brauchen schnell Informationen. Sorge dafür, dass alle relevanten Unterlagen aktuell sind und schnell gefunden werden können.
Kläre, wie Ärzte mit dir umgehen sollen
Die Patientenverfügung regelt, was mit dir passiert, wenn du dich selbst nicht mehr dazu äußern kannst. Es geht also um Leben und Tod. Sollen lebensverlängernde Maßnahmen getroffen werden oder möchtest du, dass nur Schmerzen gelindert werden bis zum natürlichen Tod? Sollen Ärzt:innen versuchen, dich wiederzubeleben?
Im besten Fall behältst du eine Kopie der Verfügung bei dir und gibst eine Ausführung an eine Person deines Vertrauens. Ein Notar ist nicht notwendig, deine Unterschrift reicht. Bei der Verbraucherzentrale kann man für sich in einem Online-Tool eine Patientenverfügung ausfüllen.
Organisiere, wer sich um dich kümmern soll
Es kann sein, dass du nicht bis zum letzten Tag deines Lebens fit bleibst. Mit einer Betreuungsverfügung kannst du regeln, wer sich dann um deine Angelegenheiten kümmern soll. Betreuer:innen werden per Gericht ernannt und können in deinem Namen Entscheidungen treffen und Geschäfte erledigen. Es sollte sich um eine Person handeln, der du vertraust und die der Aufgabe gewachsen ist. Eine Betreuungsverfügung ist rechtskräftig, deine Wünsche müssen bei der Auswahl berücksichtigt werden.
Finale: Organisiere deine Beerdigung
Wo du gerade bei Verfügungen bist: Zu diesem Zeitpunkt in deinem Leben könntest du auch eine Bestattungsverfügung ausfüllen. Deine Beerdigung also ordentlich durchplanen und beim Bestatter hinterlegen. Erd- oder Feuerbestattung? Ein klassisches Grab auf einem Friedhof in der Nähe oder eine anonyme Bestattung? Nimm schonmal Kontakt auf und besprich deine Möglichkeiten. Du kannst auch bereits einen Vertrag abschließen und anzahlen. Aber lieber nicht direkt, sondern per Treuhandkonto. Sonst ist das Geld weg, wenn die Firma vor deinem Tod pleitegeht.
Eine einfache Beerdigung kostet durchschnittlich 8.000 Euro. Das muss von der verstorbenen Person selbst bezahlt werden oder den Erb:innen.
Wenn dein Erspartes nicht reichen wird, könntest du eine Sterbegeldversicherung abschließen. Diese Versicherungen sind aber teuer. Wegen des hohen Risikos für die Versicherung zahlst du mehr ein, als du im Todesfall wieder zurückbekommen würdest. Außerdem gibt es Wartezeiten für die Auszahlung. Ein eigenes Sparbuch nur für die Beerdigung ist häufig sinnvoller und günstiger.
Mein Partner und ich sind zumindest ein kleines bisschen weitergekommen. Wir haben uns als Nachlasskontakte in unsere Handys eingetragen und grob besprochen, was mit uns und unserem Kram passieren soll. Wir möchten uns gegenseitig als Erben einsetzen und Entscheidungen füreinander treffen können. Unsere Beerdigungen sollen mit unseren Freund:innen geplant werden.
Als Nächstes wollen wir dafür sorgen, dass unsere Abmachung auch rechtlich standhält. Vor der Patientenverfügung grusele ich mich noch. Allein die Vorstellung, hirntot zu sein, macht mir echt Angst. Die Musikwünsche für die Trauerfeier sind aber schon mal fein säuberlich notiert und bei den wichtigsten Unterlagen abgelegt. Immerhin.
Nachtrag, 24.01.2023: In eine vorherige Version dieses Textes hatten sich Fehler geschlichen: Nicht in allen Fällen muss man für die Vorsorgevollmacht zum Notar. Und eine Betreuungsverfügung regelt vor allem, wer
Rechtsgeschäfte im Namen der betreuten Person verrichten darf – nicht unbedingt, wie, wo und von wem gepflegt wird. Wir haben das korrigiert.
Redaktion: Thembi Wolf, Schlussredaktion: Susan Mücke, Bildredaktion: Philipp Sipos; Audioversion: Iris Hochberger