Auf dem Foto sieht man mehrere Vans, die gruppiert an einem Strand stehen und eine Art Halbkreis bilden. In diesem Halbkreis sitzt eine Gruppe von Leuten um ein Lagerfeuer. Das Licht ist sommerlich warm, die erste Assoziation: Urlaub! Vanlife! Freiheit!

Balkan Campers/Unsplash

Geld und Wirtschaft

Ciao Auto, es war schön mit dir!

Der Verbrenner ist am Ende. Gut so! Aber lassen wir ihn noch einmal hochleben: Hier kommen eure Geschichten über Familienkarren und erste Trabis, Unfälle, Einbrüche und Rettungen in letzter Sekunde.

Profilbild von Thembi Wolf
Textchefin

Lange dachte ich, Autos fährt man bis zum Totalschaden. In meiner Familie war es üblich, mit unseren Rostlauben alle paar Jahre einen Unfall zu bauen, auf andalusischen Autobahnen oder in der ungarischen Pampa liegen zu bleiben. Dann kam ein neues Auto, ein neues Abenteuer, eine neue Katastrophe! Heute beginnen die besten Urlaubsgeschichten in meiner Familie so: Weißt du noch, der Mazda! Der Alfa Romeo! Oder damals, als wir auf dem Bock vom ADAC-Abschleppwagen aus Frankreich nach Hause kutschiert wurden!

Für unsere Artikelserie über die Mobilität der Zukunft haben wir recherchiert, wie Städte ohne Autos aussehen könnten. Und mein Kollege Leopold Pelizaeus hat mit Mobilitätsforscher:innen gesprochen, die sagen: Eigene Autos haben ausgedient. Verbrenner sowieso.

Lassen wir die Autos also zum Abschied hochleben! Wir haben die KR-Community nach ihren schönsten Geschichten gefragt, über einen Begleiter, von dem wir uns wohl bald verabschieden müssen. Habt ihr auch eine gute Geschichte? Oder hat euer Auto einen Namen und einen Charakter? Ergänzt es gern in den Kommentaren. Einige Anekdoten haben wir leicht gekürzt.


Silke: „Der Chef schleppte das Auto ins große Gewächshaus“

„Mein erstes Auto war ein lindgrüner Renault R4 mit Pistolenschaltung und Faltdach. Obwohl ich es Anfang der Achtzigerjahre wieder verkauft habe, liebe ich es heute noch. Es war halt einfach ein Typ. Mal liefen die Scheibenwischer weiter, obwohl ich sie ausgeschaltet hatte, bis sie selbst keine Lust mehr hatten. Dann fand mein linker Fuß nach einer Kurve kein Kupplungspedal mehr – abgebrochen. Zum Glück war die Gärtnerei nicht weit, in der ich damals Praktikum machte.

Der Chef schleppte das Auto ins große Gewächshaus und rief einen Kumpel an, der das Pedal für immer und ewig wieder anschweißte. Der Motor spuckte Kühlwasser aus, so dass ich ständig wildfremde Leute am Straßenrand um Wasser bat – aus dem Gartenschlauch oder sonst woher. Auf der Autobahn flog mit Getöse der Auspuff ab und wurde mit Draht wieder befestigt. Hach!“

Dija: „Er sollte den Audi eigentlich verkaufen, schafft es aber nicht“

„Mir gehört ein Audi A3 Sportback aus dem Jahr 2009. Im Moment fährt ihn mein mittlerer Sohn. Er sollte den Audi eigentlich verkaufen, schafft es aber nicht, weil das Auto ihn an seinen 2015 gestorbenen Bruder erinnert. Der hatte ihn kurz vor seinem Tod gefahren, als er uns während der Semesterferien besuchte.“

Hannes: „Vermisse ich Emma?“

„Meinen alten Ford Transit Bus, Emma, hatte ich als Fotograf mit nach Kanada genommen, um dort eine Weile zu leben. Meine emotionale Verbindung zu Emma war einfach zu groß, als dass ich sie hätte zurücklassen können. Dann ist sie sang- und klanglos dort gestorben und ich musste sie verschrotten, alles andere hätte wirtschaftlich gar keinen Sinn gemacht. Was darauf folgte, war das eigentliche Abenteuer. Denn als das Auto kaputt war, haben sich meine Freundin und ich dazu entschieden, die 5.000 Kilometer bis zur Westküste per Anhalter zu fahren. Das weit größere Abenteuer, als alleine im eigenen Auto unterwegs zu sein. Vermisse ich Emma? Na klar!“

Kirstin: „Mein Freund lief schreiend hinter mir her“

„Wir schrieben das Jahr 1991 und ich fuhr mit meinem damaligen Freund, jetzigen Ehemann, von einem Trip an die Ostsee zurück nach Berlin – in meinem goldenen Käfer, Baujahr 1970. Buggy, so sein Kosename, war entweder für den Export gedacht gewesen oder war ein gebürtiger Amerikaner, denn auf dem Tachometer standen nicht ‚km/h‘ sondern ‚miles/ hour‘ und unter der Benzinanzeige hieß es ‚Gallon‘. Seine genaue Geschichte kannten wir nicht. Mein Vater hatte dieses Goldstück einem Bekannten für 1.000 Deutsche Mark abgekauft. Außer, dass der Wagen bei jeder Linkskurve anfing zu hupen und die Stoßstangen ein wenig angerostet waren, knatterte Buggy einwandfrei vor sich hin. Letzterem Schönheitsmakel rückte ich mit in Cola getauchter Aluminiumfolie zu Leibe – mit glänzendem Ergebnis!

Zurück zu unserem Trip: Es war ein kalter Frühlingstag im März. Wir befanden uns bereits in der ‚Zone‘ kurz vor Berlin, also auf der Autobahnstrecke der ehemaligen DDR. Damals hatte man Halteverbot auf dieser Strecke und wollte sie so schnell es erlaubt war (100 Stundenkilometer!) durchqueren. Plötzlich leuchtete ein rotes Warnlicht auf den Armaturen auf. Voller Panik fuhren wir am nächsten Rastplatz raus. Der Motor sprang nicht mehr an. Lösungsorientiert stieg mein Freund aus und begann zu schieben. Tatsächlich sprang der Motor nach ein paar Versuchen mit lautem Geknatter an.

Die Rastplätze in der ‚Zone‘ hatten nur halbmondförmige Ausbuchtungen von vielleicht nicht mal hundert Metern. Durch das Anschieben befand sich der Wagen nun kurz vor der Auffahrt zurück auf die Autobahn und vor lauter Panik, dass der Motor wieder ausgehen würde, gab ich Gas. Mein Freund lief schreiend hinter mir her und ich realisierte, dass ich doch bremsen musste.

Erst auf der Autobahn kam ich zum Stehen, er riss die Tür auf und sprang rein. Den Rest der Strecke haben wir lachend vor Schreck zurückgelegt. Ein paar Tage später blieb ich mit dem Wagen an einer Kreuzung liegen, nichts ging mehr. Lichtmaschine kaputt. Reparaturkosten 500 DM. Danach fuhr ich meinen Buggy noch ein paar Monate, bevor ich ihn an einen Liebhaber für 1.000 DM wieder verkaufte. Die Abenteuer mit ihm waren es wert.“

Susanne: „Ich bin fast gestorben vor Angst“

„Als ich 16, 17 und 18 Jahre alt war, fanden die Partys meistens 20 Kilometer weit entfernt bei Klassenkameraden statt, die von dort mit dem Zug angereist kamen. Allerdings fuhren diese Züge nicht nachts, so dass meine Freundin und ich für die Heimfahrt nach den Partys immer auf irgendwelche besoffenen Trottel angewiesen waren, die uns gnädigerweise irgendwann einmal mit einem irrsinnigen Tempo nach Hause fuhren. Ich bin jedesmal fast gestorben vor Angst. Deshalb liebe ich mein Auto, weil ich damit selbstbestimmt, unabhängig und in Sicherheit nach Hause fahren kann. Übrigens fahren hier auf dem Land nachts immer noch keine Züge.“

Grete: „Ich hatte drei Trabis und dann einen Golf, einen Skoda und die letzten Jahre einen Touran“

„Immer noch Gänsehaut bereitet mir die Erinnerung an die Nacht, als ich meine beste Freundin während des Studiums im Schlafanzug in die Notaufnahme fahren musste. Sie ist Asthmatikerin und hatte eines Abends etwas gegessen, was sie nicht vertrug. Sie hatte extreme Luftnot und war so schwach, dass wir sie zum Auto tragen mussten. Sie hat es ohne Schäden überstanden.

Schön war hingegen: Ich war das erste Mal ganz allein auf Reisen und habe in Hamburg den Bus ins schwedische Kanucamp verpasst. Also fuhr ich hinterher, die Nacht durch. Man kann gut einige Stunden im Auto schlafen, auch als allein reisende Frau. Im Toskanaurlaub mit Kinderbetreuung sprach mich eine Mutter an, die ich bis dahin immer nur am Pool gesehen hatte. Sie hatte bemerkt, dass ich die einzige Frau sei, die einfach losfährt, auch ohne Mann. Traumziel erreicht! Ich hatte drei Trabis und dann einen Golf, einen Skoda und die letzten Jahre einen Touran. Künftig reicht vielleicht ein kleineres Elektroauto.“

Christoph: „Mein Trabant hatte zum Glück eine abschraubbare Stabantenne und mein Bruder einen Schraubendreher“

„Im März 1990 habe ich im thüringischen Ilmenau eine Stelle im Porzellanwerk angetreten. In der Zeit bin ich oft zwischen Freiberg und Ilmenau mit unserem Trabant 601 Limousine in Papyrusweiß gependelt.

An einem Wochenende Ende September war der Umzug geplant. Ich bin mit meinem Trabant nach der Arbeit über die Autobahn A4 Richtung Freiberg losgefahren. Kurz vor der Raststätte Eichelborn leuchtete die rote Kontrollleuchte für die Lichtmaschine auf. Also raus auf die Raststätte. Die Benzinleitung vom Tank zum Vergaser muss schon eine gewisse Zeit defekt gewesen sein, der Sprit war auf die Lichtmaschine getropft und die hatte den Geist aufgegeben. Und das freitagabends auf der Autobahn.

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Ich habe es geschafft, meine Mutter ans Telefon zu bekommen, es wurde verabredet, dass einer meiner Brüder am folgenden Samstagmorgen nach seiner Nachtschicht losfahren würde, um mich mit seinem Lada zu meinen Eltern abzuschleppen. Also musste ich die Nacht in meinem Trabant verbringen. Dazu wurde der Beifahrersitz ausgebaut, in den Kofferraum verfrachtet und ich habe mehr schlecht als recht die Nacht im Auto verbracht. Wer den Trabant kennt, weiß, dass da nicht wirklich viel Platz ist. Zur Sicherheit hatte ich die Türen von innen verriegelt.

Am Morgen saß ich dann frierend auf dem Fahrersitz und habe angestrengt nach meinem Bruder auf der Gegenfahrbahn Ausschau gehalten. Als ich ihn sah, sprang ich vor Freude aus dem Auto und schlug die Fahrertür zu. Der Schlüssel lag im Auto und das Auto war zu.

Als mein Bruder kam, war der Spott groß! Mein Trabant hatte zum Glück eine abschraubbare Stabantenne und mein Bruder einen Schraubendreher dabei.
Mit dem Schraubendreher konnten wir die Motorhaube öffnen. In der Karosseriewand zwischen Motorraum und Fahrgastraum gibt es beim Trabant auf der Fahrerseite eine Kabeldurchführung. Mit der abgeschraubten Stabantenne konnten wir durch diese Kabeldurchführung den Hebel zur Türverriegelung nach hinten schieben. Zum Glück war die Entriegelung nach hinten zu drücken! So haben wir dann die Tür aufbekommen! Das war echte Fummelei.

Bei meinen Eltern wurde dann aus mehreren Lichtmaschinen eine funktionierende gezaubert und am späten Nachmittag konnte ich weiter nach Freiberg fahren. Der Trabant hat uns dann noch über ein paar Jahre gute Dienste geleistet, bis er einem ‚Westauto‘ weichen musste.“

Ute: „Auch ein Schämfaktor“

„Meine Eltern haben nie ein Auto besessen. Ich war die Erste, die den Führerschein teuer bezahlte und bestand. Ein riesiger Schritt zur Selbstständigkeit. Als erste Anschaffung von meiner Ausbildungsvergütung in den Achtzigerjahren kaufte ich ein Hollandfahrrad, als Nächstes Reitstiefel und dann einen kleinen Opel Corsa, aber schon mit Katalysator.

Je größer die Kinderzahl wurde, desto größer wurden die Familienautos. Trotzdem sind wir auch immer mit Fahrrädern gefahren. Mit einem Firmenwagen vor der Tür, empfinden wir eine große finanzielle Entlastung, aber auch einen Schämfaktor, dass man zu denen gehört, die sich nicht nur im Lastenfahrrad verschwitzt durch die Lande bewegen.“

Barbara: „Damals war es noch ungewöhnlich, dass ein junges Mädchen ein Auto fuhr“

„Mit 18 Jahren machte ich 1965 den Führerschein und konnte mit Hilfe meiner Eltern einen gebrauchten 30-PS-Käfer kaufen. Damals war es noch ungewöhnlich, dass ein junges Mädchen ein Auto fuhr. Der Käfer schluckte zwar unglaubliche 15 Liter Benzin auf 100 Kilometern, aber er hat mir zu sehr viel Bewegungsfreiheit verholfen.

Jetzt im Alter bin ich gehbehindert und kann mit dem Auto weiter aktiv am Leben teilnehmen, da ich zu den verschiedensten Zielen fahren kann und dabei unabhängig bin. Den Öffentlichen Nahverkehr kann ich nicht nutzen, weil ich die Haltestellen nicht erreichen kann. Vielleicht irgendwann mit einem Seniorenmobil. Mit welcher Energiequelle das Fahrzeug unterwegs ist, kann mir dabei egal sein.“

Franziska: „Die Garage ist voller Fahrräder“

„Ich komme aus einer Auto-Familie. Wir hatten mit vier Kindern immer zwei Autos und sind mit dem Großen auch jedes Jahr in den Urlaub gefahren. Während meine Freundinnen in die Türkei oder nach Griechenland geflogen sind, fuhren wir jedes Jahr nach Marburg auf eine Familienfreizeit.

Sobald wir alt genug waren, war es selbstverständlich, dass wir den Führerschein machten, um selbstständig mobil sein zu können. Als ich zum Studium nach München zog, entschied ich mich gegen ein Auto. Seitdem lebe ich ohne Auto und bin sehr zufrieden damit.

Meine Wohnorte habe ich seither in erster Linie danach ausgewählt, ob ein Leben ohne Auto problemlos möglich ist. Mittlerweile wohne ich in einem oberbayerischen Dorf mit guter Zuganbindung nach München. Wir leben zu fünft in einer WG aus Berufstätigen, keiner hat ein Auto, aber die Garage ist voller Fahrräder.“


Mitarbeit: Leopold Pelizaeus, Bildredaktion: Philipp Sipos, Schlussredaktion: Susan Mücke; Audioversion: Iris Hochberger und Christian Melchert

Ciao Auto, es war schön mit dir!

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