Van Bo ist ein Geflüchteter. Allerdings war er bei seiner Flucht aus Laos noch im Bauch seiner Mutter. Er kam in Thailand in einem Flüchtlingsheim zur Welt – und wuchs in Berlin im Wedding auf. Sein Vater ist Chinese, seine Mutter war Vietnamesin. Um in Deutschland bleiben zu dürfen, musste seine Familie lügen. In Wirklichkeit heißt Van Bo nicht Van Bo.
Ich heiße eigentlich Jumbo Jet, so wie das Flugzeug. Mein Bruder heißt Boeing. Echt wahr.
In seiner Jugend macht Van Bo einiges durch: Seine Mutter verlässt die Familie, als er mitten in der Pubertät steckt. Sie geht ins Kloster – und stirbt einige Zeit später. Seine Familie sei traumatisiert von der Flucht, sagt er. Sie habe nie richtig Fuß gefasst in Deutschland.
Van Bo lebt sich als Jugendlicher in der Hip-Hop-Szene aus: Er sprüht Graffiti, rappt, natürlich auf Deutsch – und verschmäht Drogen, während Weggefährten beim S-Bahn-Surfen ums Leben kommen. Durch die Schule sei er „gesurft“, sie habe ihm nie wirklich Sorgen bereitet.
Ich glaube nicht, dass meine Angehörigen ihre Flucht nach Deutschland als Success-Story beschreiben würden. Sie sagen nicht: ‘Yippie, wir haben es geschafft.’ Sondern denken eher, dass sie gescheitert sind.
Er studiert Architektur und wird dann Lehrer von „Migrantenkids“
Nach dem Abitur studiert Van Bo Architektur, was er eher als „philosophische Unterstützung“ betrachtet und weniger als reine Berufsausbildung ansieht.
Seit Anfang 2017 arbeitet er als Lehrer an einer Schule im Berliner Stadtteil Wedding. Für ihn ein ganz großes sozialwissenschaftliches Experiment. Dort erlebt er auch die große kulturelle Diskrepanz zwischen Schülern und Lehrern: auf der einen Seite zu 95 Prozent junge „Migrantenkids“, auf der anderen Seite ältere deutsche Pädagogen. Trotzdem sei Schubladendenken zum Überleben wichtig.
Ich habe nichts gegen Schubladen. Ich liebe Schubladen. Ich bin ja Architekt. Wichtig ist nur, dass man nicht sagt: Diese Schublade ist mehr wert als die andere.
Weitere Themen: Vatersein, Spiritualität, Bier-Versuche von Asiaten und ein Spontanbesuch von Tiny-House-Bewohner Jan, der Doppelkeks verteilt.
Der Halbe Katoffl Podcast ist eine Gesprächsreihe mit Deutschen, die nicht-deutsche Wurzeln haben. Moderator ist der Berliner Journalist Frank Joung, dessen Eltern aus Korea kommen. Es geht um Themen wie Integration (gähn), Identität (ach ja) und Stereotypisierungen (oha) – aber eben lustig, unterhaltsam und kurzweilig. Anekdoten aus dem Leben statt Theorien aus dem Lehrbuch.
Das Aufmacherbild hat Frank Joung gemacht, bearbeitet hat es Martin Gommel. Den Text gegengelesen hat Vera Fröhlich.